Ich würde mal behaupten, dass ein Student in der Prüfungszeit vor Kreativität nur so strotzt! Frage mal einen durchschnittlichen Studenten, den seine Vorlesungen zwar interessieren, dem das Lernen aber irgendwie dennoch etwas überflüssig vorkommt. Prokrastination heißt das Zauberwort, das morgens, mittags und abends auf dem Silbertablett aufgetischt wird.
Ich mag das Wort nicht. Klar, ich mache darüber gerne mit meinem Freund Scherze, zumal wir beide den Bedeutungsgehalt des Wortes ganz unterschiedlich füllen. Es drückt aber immer irgendwie aus, dass man in dem Moment gerade das Falsche macht. Ich möchte – eigentlich – meine Hausarbeit schreiben, aber ich nutze meine Zeit, um diese leckeren Muffins zu backen, die ich neulich entdeckt habe. Die Klausur in einer Woche steht an und rückt immer näher, aber ich bin online unterwegs. Und das nicht auf der Suche nach klausurrelevantem Stoff.
Wie hoch ist die Relevanz?
Relevanz spielt bei dem Thema eine ganz entscheidende Rolle. Denn wenn man in so einer Stellen-oder-Fliehen-Situation ist, drängen sich da indirekt Fragen auf wie: Was empfinde ich als relevant für mein Leben? Was möchte ich? Was ist mein Ziel? Und die Antwort darauf ist viel zu oft halbherzig: Ja, ich möchte die Klausur gut bestehen, aber ich will auch das und das machen.
Und da schleichen sich faule Kompromisse ein. Ein Ziel setzen ist gut, um diesen Leitgedanken kommt man in Marketingvorlesungen nicht drum herum. Ein Ziel kann man nur erreichen, wenn man sich darauf zu bewegt. Mir hilft die Ansicht, dass ich jedem weiteren Tag etwas Stress nehme, wenn ich heute etwas für mein Ziel tue. Die Zeit, die zur Verfügung steht, wird sowieso von Tag zu Tag weniger. Also warum soll ich mir selbst etwas vormachen, indem ich alles mögliche mache, und das nie „richtig“, weil ich immer im Hinterkopf habe, dass da doch noch das große Ziel ist, wo ich hin will.
Durchhalten
Also lieber mal Zähne zusammenbeißen und loslegen. Eine Stunde, zwei Stunden – das eigene Pensum kriegt man raus. Aber danach weiß ich, dass es das für heute war. Ich kann mich anderen Dingen widmen, die in meinem Leben auch relevant sind. Und was Schönes machen, ein gutes Buch lesen zum Beispiel, oder neue Musik hören. Ich finde Bücher super entspannend, wenn man in fremde Welten eintauchen kann und dabei auch noch was lernt. Und es ist weniger anstrengend für die Augen, als wenn ich mir stundenlang auf dem Bildschirm Serien anschaue.
Das einzig Gute am Prokrastinieren ist für mich übrigens der Fakt, dass ich in der Anfangsphase in ein „Ach ja, ich habe ja noch so viel anderes zu tun, was sowieso gemacht werden muss“ verfalle und dann ist plötzlich die Rümpelecke ordentlich oder der Geschirrberg abgewaschen und weggeräumt. Und das Fenster könnte auch mal wieder geputzt werden, wenn die Sonne so schön scheint, oder? In solchen Situationen sollte man auch einfach etwas Humor haben und diese Phasen wenigstens sinnvoll nutzen.
So ein bisschen praktische Arbeit kann zumindest neben dem Lernen auch wieder einen Motivationsschub geben und ist mal eine Abwechslung zur kopflastigen Arbeit. Dann kann man beim Lernen durch das saubere Fenster schauen und tagträumen, äh, oder Gott um Konzentration bitten. Und wenn die Sonne dann zwischen den Wolken hervorblitzt, sollte man das vielleicht eher als Zwinkern und Hoffnungsstrahl verstehen und nicht sauer sein, weil es draußen viel schöner ist als am Schreibtisch.