Ich finde Hochzeiten wunderschön. In den letzten vier Jahren war ich auf einer Handvoll und jede war auf ihre Weise berührend. Natürlich ist die ganze Angelegenheit in ihrer rituellen Aufmachung dafür gemacht, dass da mal ein Tränchen rollt, aber die meisten Hochzeiten sind auch in sich von einer so reinen und hingebungsvollen, zukunftsträchtigen Atmosphäre geprägt.
In dem Film „Gods at War“ redet Kyle Idleman über die Dinge im Leben von uns Menschen, die uns bestimmen. Die darum kämpfen, unsere Ausrichtung anzeigen zu können. Ein ganz großer Faktor, der um diese Aufmerksamkeit kämpft, ist der Egoismus. Das dicke Ich, über das ich auch schon öfter geschrieben habe. Ich meine, das muss man eigentlich niemandem sagen. So gut ein Mensch sich auch verhält, eine egoistische Grundhaltung kann die schönste Sache irgendwie kaputt machen. Wenn ich mir vorstelle, mein Freund schenkt mir einen Strauß Rosen, nur um vor seinen Kumpels gut dazustehen, dann bin ich enttäuscht. Zählt bei dieser Geste dann überhaupt die Beziehung zwischen uns beiden?
Goldene Regel
Ich habe in letzter Zeit mal darüber nachgedacht, was es bedeutet die „goldene Regel“ ernst zu nehmen. Meinen Nächsten zu lieben wie mich selbst und das in einer Zeit, wo man ganz schön viel mit seiner eigenen Karriere, dem eigenen Ernährungs- und Fitnessverhalten, dem eigenen Liebesleben und den eigenen Träumen und Hobbys beschäftigt ist. Nicht, dass jeder so offensichtlich egoistisch ist. Aber es ist meiner Meinung nach schon herausfordernder sein Leben auf die ganz andere Lebenswelt eines anderen Menschen einzustellen, wenn man jahrelang für sich allein gelebt hat und tun und lassen konnte, was im Rahmen der eigenen Möglichkeiten lag. Und es wird ja durchaus gefördert, dass man sich um sich selbst kümmert. Es gibt überall Tipps dafür, wie man erfolgreich wird.
Mein Leben komplett mit jemandem zu teilen, ist ab einem gewissen Grad der Todesstoß für das Ego. Und das jeden Tag aufs Neue – nur hoffe ich, dass man dann irgendwann auch mal gern auf sein Recht verzichtet und dem Anderen den Vortritt lässt. Immerhin geht es bei einer Hochzeit und der folgenden Ehe um Liebe. Man schaut dem Menschen am Altar in die Augen, man erkennt ihn als Menschen an, der Liebe und Anerkennung braucht und verdient.
Egoismus versus Mitgefühl
Ich glaube, wenn es um das Gegenteil von Egoismus geht, dann muss da das Wort Mitgefühl fallen. Ich habe heute gelesen, dass Empathie darunter leidet, wenn in einer Beziehung vielmehr ein Machtkampf ausgetragen wird, statt dass man sich bewusst in die Lage des Gegenübers hineinversetzt und dem begegnet, was er im Moment braucht. Ob das Liebe oder Respekt sein mag, auch wenn dafür gerade wenig Anlass besteht. Oder ob er seine Ruhe und Freiheit braucht oder eine Schulter zum Anlehnen. Wir leben ein Leben, das wir nur gewinnen können, wenn wir es auch für andere bereit sind loszulassen. (s. Matthäus 10,39) Davon können bestimmt einige Mütter ein Lied singen: sie haben so viel gegeben und bekommen nie alles zurück, aber doch sehr viel. Das hoffe ich zumindest besonders heute am Muttertag!
Schaffen wir, jeder Einzelne, mit unserem Leben und unseren Beziehungen etwas, das Gott wertschätzen kann? Oder halten wir dem Schöpfer stolz und kritikscheu unser gekritzeltes Bild vor die Augen, während er umgeben ist von perfekten Gemälden? Gott möchte tatsächlich unser Bisschen benutzen, er weiß, dass wir erlösungsbedürftig sind. Aber müssen wir wirklich immer weiter unserem Ego nachgeben, das uns doch so viel Lebensfreude und Liebe stiehlt?